Hawaii-Bestzeit trotz Wetterkapriolen

Peter Kneip aus Ahrweiler knapp über 10 Stunden bei IRONMAN Triathlon Weltmeisterschaft auf Hawaii

Peter Kneip reitet über die Vulkanfelder von Kona Island

Kailua-Kona/Hawaii am frühen Morgen des 19. Oktober: Es ist Ironman-Renntag, wie seit 24 Jahren immer Mitte Oktober. Aber das, was sich jetzt noch im Dunkeln abspielt, hat es im vergangenen Vierteljahrhundert noch nie gegeben. Die ganze Nacht über schon hat es in Strömen geregnet. Doch schlimmer noch ist der aufgewühlte Ozean. Waren die Wellen am Abend zuvor schon bis zur Terrasse des am Meer gelegenen Athleten-Hotels gekommen, so brechen sie nun plötzlich durch die geöffneten Fenster bis in den Frühstücksraum. Die Wettervorhersage hat am Vortag den ersten "Big Surf" des Jahres angekündigt, d.h. die ganz hohen Brecher, die Hawaii weltweit zum Surf-Spot Nr. 1 machen, die normalerweise aber nicht vor Ende November eintreffen. Das Klimaphänomen "El Nino" lässt grüssen!

Eine Mischung zwischen leichter Panik und Galgenhumor macht sich unter den Teilnehmern breit. Wird das Rennen verlegt oder gar abgesagt? Wird das Schwimmen gestrichen und ein Duathlon veranstaltet? Um kurz nach 5 Uhr verlässt auch Peter Kneip aus Ahrweiler dann das Hotel und geht Richtung Start. Mülltüten werden kurzerhand als Regenumhänge zweckentfremdet. Auf Dauerregen ist man hier eben nicht eingestellt. Das obligatorische Aufmalen der Startnummern auf Arme und Beine ist nach drinnen verlagert worden, auch das ein Novum in der Ironman-Geschichte. Aber immer noch keine offizielle Aussage, was passieren wird.

Dann eine Stunde vor dem Startschuss hört der Regen plötzlich auf und das Meer scheint sich langsam zu beruhigen. Gerade noch rechtzeitig, denn wie man später erfährt, stand die Austragung des Rennens tatsächlich auf der Kippe. Eine halbe Stunde vor dem Start die endgültige Gewissheit. Eine Durchsage der Rennleitung in fünf Sprachen gibt bekannt, dass die 2002 Auflage der Ironman-WM ohne Einschränkungen durchgeführt wird: 3,9 km Schwimmen, 180 km Radfahren und ein Marathonlauf von 42,2 km. Doch als dann endlich die gut 1600 Armpaare der weltbesten Triathleten nach dem Startschuss um 7 Uhr durch die Pazifik-Bucht pflügen, ist das Bild trotzdem anders als gewohnt. Statt gleissender Sonne, die hinter dem Vulkan aufgeht, grauer Himmel und unscharfe Konturen, die Ozean und Horizont verschwimmen lassen.

"Vielleicht waren die Athleten irgendwie beeindruckt davon, denn ich habe bei meinen 5 Teilnahmen auf Hawaii bisher noch keinen so ruhigen Start erlebt. Die Teilnehmer waren alle rechtzeitig hinter der Linie und die üblichen Prügeleien bei einem solchen Massenstart haben sich völlig in Grenzen gehalten", so der Kommentar von Kneip zum Beginn des Rennens.

Doch die Auswirkungen der vergangenen Nacht sind beim Schwimmen deutlich spürbar. Eine hohe seitliche Dünung lässt die Athleten regelrecht auf und ab tanzen und macht es schwer die Ideallinie zu finden. Einige Teilnehmer müssen gar von Seekrankheit (!) geplagt das Rennen vorzeitig beenden. Und auch die Strömung unter Wasser ist ganz anders als sonst. "Normalerweise braucht man für den Rückweg nach dem Wendepunkt immer ca. 3-5 Minuten länger, aber dieses Jahr war es bei mir 1 Minute weniger. Ich dachte schon, das gibt heute eine langsame Zeit, aber als ich aus dem Wasser kam, zeigte die Uhr mit 1:02:57 Std. fast auf die Sekunde das Gleiche wie 2001 an, obwohl ich 4 Minuten später das Wendeboot umrundet habe. Und das trotz reduziertem Schwimmtraining in der Vorbereitung", bemerkte Peter Kneip zur Auftaktdisziplin.

Ein schneller Wechsel aufs Rad und die 180 km durch die Lavafelder sollten folgen. Doch statt hitzegetränktem schwarzen Gestein, öffneten sich die Wolken erneut und ließen zu Beginn der Radstrecke bei der Durchfahrt durch Kona einen weiteren tropischen Regenguss herunterprasseln. Verkehrte Welt, denn während in den letzten Jahren meistens die Qualifikationsrennen in Roth von schlechtem Wetter geprägt und Hawaii stets windig und heiß war, schienen die Vorzeichen in 2002 umgekehrt. Das neue Qualifikationsrennen in Frankfurt im August bei Sonne und Hitze und Hawaii nun im Regen. Doch nach ca. 20 km dann endlich wieder das normale Hawaii-Programm. Der Regen hört auf, die Wolkendecke reißt und kurze Zeit später erscheint unter strahlend blauem Himmel die Erinnerung an den Auftakt des Rennens beinahe als unwirklich.

Einen Vorteil brachten die Wetterkapriolen aber mit sich. Die gefürchteten Mumuku-Winde mit ihren gefährlichen Böen blieben 2002 weitgehend aus. Dadurch lief es auf dem Rad für Peter Kneip auch wesentlich schneller als in der Vergangenheit. Erst auf den letzten 40 km auf dem Weg zurück nach Kona zeigte der Wind etwas von der Kraft, die er 2000 und 2001 überreichlich an die Athleten verteilt hatte. Die neue Hawaii-Radbestmarke von 5:24 Std. war aber nicht nur ein Resultat der äußeren Bedingungen, sondern auch von gut 10.000 Trainingskilometern im vergangenen Jahr und damit fast 2.000 km Umfang mehr als in den Vorjahren.

"Nach einem erneut sehr schnellen Wechsel zum Laufen fing ich dann zu Beginn der Marathonstrecke an zu rechnen", meinte Kneip. " Eine Lauf knapp unter 3:30 Std. und ich könnte erstmals auf Hawaii die begehrte 10 Stunden Schallmauer durchbrechen. Das hätte eigentlich drin sein müssen, denn 2001 hatte ich bereits auf Hawaii eine 3:24 Std. im abschließenden Marathon hingelegt. Aber solche Rechnungen sind gefährlich. Denn zum einen lag das Quali-Rennen in Frankfurt erst 8 Wochen zurück, was für eine vollständige Regeneration und erneuten Trainingsaufbau einfach zu kurz ist. Und zum anderen sind wir beim Marathon praktisch wie in der Sauna gelaufen. Denn nach dem ganzen Regen lag die Luftfeuchtigkeit bei sage und schreibe 95 % und als dann die Sonne rauskam, war es bei über 35 Grad fast unerträglich. Ich fühlte mich wie gedünstet und musste auf der ersten Streckenhälfte des Marathons sogar einige Gehpausen einlegen. Das war schon frustrierend, denn ich hatte mich in der Laufvorbereitung so gut wie noch nie gefühlt und eine 3:20 Std. angepeilt. Als ich dann aber das Ziel 10 Std. schon längst abgehakt hatte, kam von irgendwo her dann wie so oft bei einem solchen Rennen die zweite Luft. Und so lief es von km zu km besser und ich konnte wieder einige Plätze gutmachen!"

Der Zieldurchlauf durch ein dichtes Zuschauerspalier in Kailua Kona war dann wie immer ein absolutes Gänsehauterlebnis. Letztendlich zeigte die Uhr dann 10:11:14 Std. beim Finish für Peter Kneip an, gleichbedeutend mit einem 3:40 Std. Marathon zum Schluss, sowie als Platzierung den 261. Gesamtrang unter 1600 Teilnehmern aus aller Welt. "Damit kann ich dann doch ganz gut leben", bemerkte Kneip, "auch wenn ich in der Gesamtwertung ein paar Plätze gegenüber 2001 verloren habe, konnte ich meine Hawaii-Bestzeit um 14 Minuten steigern. Jetzt habe ich innerhalb von 8 Wochen meine absolute Bestzeit auf der Ironman-Distanz verbessert (Frankfurt in 9:27 Std.) sowie meinen persönlichen Hawaii-Rekord. "In meiner Altersklasse", so der 36jährige, "gehöre ich zu den besten 40 weltweit und außerdem zu den 40 schnellsten Deutschen insgesamt. Und nach dem Ausstieg von Profi Jürgen Zäck auf der Laufstrecke bin ich sogar 2002 bester Triathlet aus Rheinland-Pfalz!" Eine sehenswerte Bilanz der vergangenen Saison, die nach seinem Schlüsselbeinbruch im Juni eigentlich schon gelaufen schien.

glücklicher Finisher Peter Kneip Höchstleistungen kommen nicht von ungefähr. Die sportliche Vita von Peter Kneip:

¨ 5. Teilnahme beim Ironman Hawaii (1997, 1998, 2000, 2001 und 2002)
¨ beste Platzierung in 2002 mit 261. Platz von fast 1600 Teilnehmern
¨ Bestzeit Hawaii ebenfalls in 2000 in 10:11:14 Std.
¨ fast 92 Triathlons seit 1989
¨ bisher 21 Ironman Triathlons insgesamt, davon 10x Roth, 2x Zürich
¨ Bestzeit Ironman 9:27:49 Std.(Roth), insgesamt 7x mal unter 10 Stunden (5x Roth, 1x Zürich, 1x Frankfurt)